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06. Mai 2024

Exkursion ins Herz der katalanischen Korkproduktion

Eine Spurensuche nach der ökologischen, ökonomischen, kulturellen und sozialen Dimension des weltbesten Korks: Eine gemischte Gruppe von vier Jahrgängen des Master- und Bachelorstudiengangs Design & Produktmanagement lernte die Entstehung, Verarbeitung und die Zukunftsmöglichkeiten dieses einzigartigen Naturmaterials in Palafrugell, Katalonien, kennen.

In Katalonien gibt es – weil besonders langsam wachsend – den weltweit dichtesten Kork. Der erste Tag führte die Exkursion in ein 350 Hektar großes Naturschutzgebiet. Von einem Ranger wurde der Wachstumsprozess der Korkeiche anhand der verschiedenen Altersstufen der Bäume genau erklärt. Erst wenn der Baum einen Stammdurchmesser von circa 25 cm aufweist, kann die Korkrinde zum ersten Mal geerntet werden. Im Mai und Juni löst sich aufgrund des Wachstums diese leicht vom Stamm. Wenn die geerntete Höhe nicht mehr beträgt als das Anderthalbfache des Durchmessers, so macht dieser Einschnitt dem Baum auch wenig aus und er wird angeregt, die abgenommene Rinde zu erneuern. In Katalonien dauert der Prozess bis zur nächsten Ernte gut 14 Jahre, dafür sind die Jahresringe der Korkrinde eng und die Dichte somit hoch. Andernorts auf der iberischen Halbinsel – die für fast 80 Prozent der weltweiten Korkproduktion verantwortlich ist – wächst innerhalb von 5 bis 7 Jahren eine erntereife Rinde von 5 cm Stärke nach.   

Kulturelle Bedeutung eines nachhaltigen Super-Materials 

Nach dem Wald führte der nächste Gang ins Korkmuseum Palafrugell. In einer stillgelegten Korkproduktionshalle wurden die historischen und kulturellen Aspekte des Materials veranschaulicht. Der Bogen spannte sich über die gesamte Entwicklung der Verarbeitung: von der antiken Nutzung als Verschluss für Amphoren bis hin zum Handwerkszeug der vorindustriellen und industriellen Zeit. Ebenso beeindruckend ist die Dauerhaftigkeit des Materials selbst unter widrigsten Bedingungen, weshalb es jahrhundertelang auch für Rettungsringe, Schwimmer der Fischerei und Bojen eingesetzt wurde. 

Heutzutage wird 90 Prozent des hochwertigsten Kork für Verschlüsse von Champagner und Wein verwendet. Korken der besten Güteklassen kosten einen Euro, günstigste Qualität oder Kunststoffkorken liegen bei nicht einmal 5 Cent. Der bei der Produktion hochwertiger Korken anfallende Verschnitt gelangt, ebenso wie mindere Qualität oder die Ersternte der Korkrinde, in den Grinder. Darin wird sie zu unterschiedlich grob zermahlenem Granulat verarbeitet, welches in der Industrie als Dämmungen, Dichtungen, Dekorartikel und vielem mehr eingesetzt wird. 

Neues Wissen für die Kuchler Forschung an biobasierten Produkten   

Besonders interessant war der Besuch im „Kork-Institute“ – denn irgendwie hatte man den Eindruck, in Kuchl zu sein. Die Gerätschaften zur Untersuchung von Korkrinde sind zu jenen in den Forschungslaboren an unserem Campus ident. Zu erforschen gibt es noch einiges, besonders was neue Nutzungen für das 21. Jahrhundert angeht. Schließlich ist Kork wegen seinem besonderen Aufbau ein höchst faszinierendes Naturmaterial: Die Außenhaut der Korkeiche verfügt über eine wabenartige, luftgefüllte Membranstruktur mit etwa 40 Millionen Zellen pro Kubikzentimeter, die dem Kork nicht nur seine Leichtigkeit und Schwimmeigenschaften verschafft, sondern auch die Fähigkeit, Stöße und Schläge sehr gut abzufedern.  

Mit vertieftem Wissen über einen wunderbaren Werkstoff der Bioökonomie werden sicherlich viele Kuchler Projekte zukünftig bereichert, auch und vor allem durch die mit dem Kork-Institute Palafrugell vereinbarte Zusammenarbeit. Wir danken den Freunden von "Domestic Wild“, Ariane Patout und René Müller für die Organisation der Exkursion und Philosophen Hajo Eickhoff für die inhaltliche Erweiterung der Diskussion!